Forschung

Haben Kleinverlage noch eine Zukunft?

Die Kleinverlage in Deutschland sind schon oft totgesagt worden und in der Tat sinkt ihre Zahle von Jahr zu Jahr. Trotzdem scheint sich diese Gruppe immer noch verhältnismäßig sicher zu sein, auch in Zukunft noch ein relevanter Teil der deutschen Kulturlandschaft zu sein. Nach einer Studie von Prof. Figge an der HTWK Leipzig kann dies aber für viele Verlage ein folgenschwerer Irrtum sein.  Die Mehrheit der deutschen Kleinverlage ist nach den Erkenntnissen dieser Studie langfristig nicht wettbewerbsfähig. Der Grund dafür ist ihre mangelhafte Vorbereitung auf die Veränderungen durch die Digitalisierung, sei es der Einfluss auf das Leseverhalten, den Wettbewerb durch neue Unterhaltungsmedien wie Streaming oder die Auswirkungen auf die Produktion und den Vertrieb von Verlagsprodukten. Für die Studie wurden Kleinverlagen selbst im Frühjahr 2020 befragt. Ungefähr 3/4 der Kleinverlage fühlten sich durch die Digitalisierung nicht gefährdet und beobachten den Markt nur unsystematisch. Für sie ist das gedruckte Buch und der Buchhandel weiterhin Kern ihrer Arbeit, obwohl deren Marktanteil sinkt. Sollten diese Verlage weiterhin den digitalen Wandel weitgehend ignorieren, dürften sie der Änderung der Mediennutzung auf Dauer nicht gewachsen sein. Hoffnung hingegen gaben drei kleinere Gruppen, die die Studie identifizieren konnte und die sich den Herausforderungen der Digitalisierung gestellt haben und deren Möglichkeiten zu ihrem Vorteil nutzen. In der folgenden Graphik sind die identifizierten Gruppenmit ihren spezifischen Stärken und Schwächen dargestellt:

Die Gruppen mit dem größten Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung werden in der Studie die Traditionellen bzw. die Einsteiger genannt. Sie machen ca. ¾ der befragten Verlage aus. Eine Änderung in der Strategie der Kleinverlage wird nur eintreten, wenn sie das Ausmaß der digitalen Revolution erkennen und darauf reagieren wollen. Dabei können die Strategien der drei kleineren Gruppen als Vorbild dienen.  Als erster Schritt zur Rettung eines Großteils der Börsenvereinsmitglieder muss daher eine dauerhafte und realistische Vermittlung der Marktsituation in Zeiten der Digitalisierung auf eine Weise sein, die für Kleinverlage glaubwürdig und überzeugend ist. Um innovative Produkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln und um Produktion und Vertrieb digital zu gestalten, bedarf es einer Zusammenarbeit der Verlage bei Standards und kooperative Entwicklungen. Eine deutlichere Ausrichtung des Börsenvereins auf solche Kooperationen zum Beispiel durch Verstärkung der jeweiligen Interessengemeinschaften und eine gezielte Wissensvermittlung über erfolgreiche Digitalisierungs­strategien könnte dies fördern.

Zur Verlagsförderung sind im vergangenen Jahr mit dem „Deutschen Verlagspreis“ und ab ersten September diesen Jahres mit „Neustart Kultur“ zwei Förderprogramme der Beauftragten für Kultur und Medien der Bundesregierung (BKM) geschaffenen worden, bei denen Verlagsexzellenz und Neuerscheinungen im Vordergrund stehen. Zur Umsetzung der Erkenntnisse dieser Studie gibt es das neue Förderprogramm „digital-jetzt“ des BMWi, das Maßnahmen und Weiterbildung zur Digitalisierung fördert. Bei dieser Förderung dürfte der notwendige Eigeninvestitionsanteil von mind.
50 % für viele Kleinverlage zu hoch liegen. Derzeit entwickelt die BKM weitere Förderungskonzepte. Hier könnte die Übernahme eines Teils dieser Eigeninvestitionen durch die BKM den zum Überleben notwendigen Digitalisierungsschub der Kleinverlage ermöglichen.

Quelle: Forschungsbericht von Prof. Figge, Forschungsprojekt im Lehrgebiet Electronic Publishing und Multimedia, Sommersemester 2020

Verlag: Akademische Verlagsgemeinschaft München (AVM), ISBN: 978-3-95477-119-6

Figge, Friedrich, et. al. Zukunftskompetenzen von kleinen und mittelgroßen Verlagen (KMV) im digitalen Wandel. München: AVM, 2020.

 

Ansprechpartner:

Prof. Friedrich Figge

HTWK Leipzig

Lehrgebiet Electronic Publishing und Multimedia

Tel.: 0173 – 979 44 17

friedrich.figge@htwk-leipzig.de

 

Kurzlebenslauf:

Prof. Figge übernahm 2004 das Lehrgebiet Electronic Publishing und Multimedia an der HTWK Leipzig. Vorher war er Verlagsleiter im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) nach Stationen als Leiter Neue Medien, Online-Manager, Projektleiter für Geschäftsfeldentwicklung und Business Analyst u. a. bei Bertelsmann und Reed Elsevier. Er hat Wirtschaftswissenschaften und Kunstgeschichte in Berlin, München und Madrid studiert.

 

Rezensionsexemplare:

Laura Tischer

HTWK Leipzig

SHK im Lehrgebiet Electronic Publishing und Multimedia

Tel.: 0152 – 07 25 01 83

laura_sophie.tischer@stud.htwk-leipzig.de

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