Die angemessene Vergütung – Der Gema-Youtube-Streit

 

Was ein Ärgernis: Da möchte man sich gerade ein Lied auf YouTube anhören und da ist das Video einfach gesperrt. Der Schuldige ist klar: Die Gema. Sie räume YouTube nicht die Rechte ein und stelle überzogene Vergütungsforderungen. „Regelt euren Scheiß“ empörte sich die Band Deichkind in Folge der Sperrung ihres Musikvideos „Leider geil“. Viele weitere User lassen ihren Zorn ähnlich in diversen Foren oder Anti-Gema-Gruppen in Facebook freien Lauf. 

Die Wahrheit ist, gesperrt hat nicht die Gema sondern YouTube. Diese sieht sich nämlich einer Klage seitens der Gema konfrontiert, in der es um zwölf umstrittene Titel geht, die langfristig nicht mehr auf YouTube erscheinen sollen. Aus Angst vor einem Präzedenzfall, und den daraus entstehenden Schadensersatzforderungen, hat YouTube vorsorglich gleich allen urheberrechtskritischen Musikvideos das schwarze Bild mit dem roten traurigen Quadratschädel verpasst. Nun florieren Coverversionen der gesperrten Videos – ein deutsches YouTube-Phänomen.

Aber es geht natürlich um mehr als nur um zwölf kritischen Musikvideos. Gema und YouTube liegen beim Thema Mindestvergütung diametral auseinander. Diese Form der Vergütung rechnet pro abgespielten Clip ab. Nach Angaben der Gema liegt diese Abgabe bei weit unter einem Cent. Die Google-Tochter findet dieses Modell für ihre web-finanzierte Hostingplattform gänzlich ungeeignet, da man nicht bei jedem Clip Werbung schalten könnte und somit ein unrentables Geschäftsmodell darstelle. Sie möchte stattdessen die Gema prozentual an den Werbeeinnahmen, so wie es im Fernsehen und Rundfunk üblich ist, beteiligen. Die Gema hingegen sieht das Videoportal weder als Fernsehen noch als Rundfunk, sondern als Content-Provider, wo der Nutzer interaktiv entscheiden kann, was er hören möchte. Dies sei ein klarer Fall für die Mindestvergütung. Keiner der beiden Parteien rückt von seiner Position ab.

So weit, so verhärtet.

Im Streitfall über Vergütungshöhen entscheidet in der Regel die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) über das gerechte Maß. Würde YouTube den Weg zur Schiedsstelle antreten, müsste es bei Weiternutzung von urheberrechtsgeschützten Inhalten die unstrittige Menge an die Gema vergüten, der strittige Teil hingegen wird auf einem Sperrkonto deponiert und am Entscheidungstag an jene Partei vergeben, die das Recht zugesprochen bekommen hat.

Und hier liegt die Ursache dafür, dass sich in der Sache nicht mehr allzu sehr viel getan hat. YouTube befürchtet vom Schiedsgericht als Content-Provider eingestuft zu werden, was die teure Abrechnung pro Stream bedeuten würde. Im internationalen Vergleich sind diese drastisch niedriger als in Deutschland, was erklärt, warum der Musikstreamer Grooveshark seine Geschäfte hier zu Lande einstellen musste. Bei anderen web-finanzierten Content-Providern wie Simfy oder Napster kommt man nur mit Premium-Accounts in den Musikgenuss. In Großbritannien und anderen Ländern hat man sich mit YouTube dagegen auf Tarife geeinigt, die nicht pro Stream abrechnen. Das liegt vor allem daran, dass dortige Verwertungsgesellschaften meist von großen Majorlabels dominiert werden. Diese möchten in erster Linie verdienen und ihnen ist eine angemessene Vergütung der Künstler zweitrangig. Daher drängten sie auf eine schnelle Einigung. In Deutschland ist das anders. Hier gilt das Recht auf angemessene Vergütung: Die Gema hält das faktische Monopol der Nutzungsrechtsvergabe inne, und weil sie praktisch nur aus Künstlern besteht, wollen sie sich nicht mit niedrigen Tantiemen abspeisen lassen. Jedoch momentan verdienen sie nichts am YouTube-Geschäft. Seit 2009 bestehen keine vertraglichen Regelungen mit dem Videoportal.

YouTube möchte nicht den deutschen Sonderweg gehen. Dadurch würden die Gewinne geschmälert und womöglich könnten Verwertungsgesellschaften anderer Länder aufbegehren. Musik ist aber keine frei verfügbare Information und es muss eine faire Vergütung an den Urheber erfolgen. Solange nicht klar ist, wie diese genau auszusehen hat, werden wir aber weiterhin Sätze lesen wie: Leider ist dieses Video in deinem Land nicht verfügbar.

K.P.

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