Digitaler Suizid – Möglichkeiten und Folgen

digitaler Freitod aus FacebookDie Frage, ob man bei Facebook sei, hat seit geraumer Zeit die verlegene Frage nach der Telefonnummer eines interessanten Mitmenschens verdrängt. Social Networks sind ferner die digitalen Nachfolger der besonders damals in Grundschulen beliebten “Poesiealben” in der sich zahlreiche Freunde und Klassenkameraden eintrugen. Die Unterschiede zwischen den Seiten eines solchen Freundebuches und den Social Networks besteht bei genauerer Betrachtung in der Digitalisierung und der Möglichkeit der Interaktion. Und ganz besonders in der Geschwindigkeit der Datensammlung.

Es dauert nicht lange, dann hat sich der gemeine User ein Profil erstellt, in dem er sich von seiner vermeidlich besten Seite zeigt, viele und aberviele “Freunde” in seiner Kontaktliste sammelt und dies alles mit einem feschen Profilbild schmückt. Es dauert nicht lange, bis sich selbst der verhaltenste User hinreißen lässt, stundenlang Profile zu durchstöbern, gepostete Videos und Bilder anzuschauen und allen möglichen Links zu folgen.

Der Weg in die Sucht scheint geebnet. Spätestens dann, wenn man morgens um 03:20Uhr seine Fotos anschaut um nach neuen Kommentaren sucht, alle 3 Minuten nach neuen Nachrichten schaut und dann letztlich noch einen fulminanten Streit mit seinem Partner hinlegt, weil offenbar der “Beziehungsstatus” nicht den Realitäten entspricht. Und dann, wenn die Einsicht siegt, dass offenbar nur noch das real ist, was auch in den Networks gepostet wird, kommt der Gedanken auf, sich dem einfach zu entziehen – durch den digitalen Suizid.

Die Entscheidung sich aus einem Social Network zu löschen kommt, vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Bedeutung der Communities tatsächlich einem gesellschaftlichen (Teil)Selbstmord gleich.

Für diejenigen, die sich nicht trauen den digitalen Freitod  selbst durchziehen, bietet sich das Katana in Gestalt eines kleinen Tools an: Web 2.0 Suicide Maschine

Durch die Eingabe von Benutzername und Passwort sollen – so verspricht es das Tool – sämtliche Spuren der eigenen Existenz in einem Social Network getilgt werden. Eine mutige Vorgehensweise, so scheint sie doch so endgültig. Aber ausgerechnet die Plattform schlechthin wehrt sich gegen die Sterbehilfe durch eine IP-Sperre. So ist es bei Facebook nicht möglich, dieses Tool anzuwenden, um sich “zu löschen”.

Die Begründung für eine solche Sperre mag plausibel sein, so könne das Tool auch von finsteren Mächten oder verärgerten Freunden missbraucht werden. Zudem verweist Facebook auch auf die Möglichkeit, sein eigenes Konto deaktivieren zu können. Dies liest sich recht endgültig, stellt es womöglich doch den Ausweg aus der digitalisierten Welt der Profilbilder, Spam und Postings dar.

Im Leitfaden der Kontodeaktivierung wird beschrieben, wie man sich entfernen kann: www.facebook.com/deactivate.php Doch auch nach mehreren Nachfragen und Bestätigungen, ob man denn sicher sei, das Facebook-Konto zu löschen, bleibt dem Onlinelebensmüden wohl nur ein kurzzeitiger Blackout… denn selbst nach der vermeidlichen Löschung ist eine Anmeldung mit Passwort und Benutzernamen möglich, und zudem schaut alles so aus, als wäre man nie weg gewesen… digitale Wiedergeburt oder das verzweifelte Klammern einer Riesencommunitiy an jeden einzelnen Nutzer? Was uns bleibt, ist nur das Fernbleiben… trotz bestehenden Kontos… wissend, dass da bei Facebook ein Onlinezombie mit unserem Namen rumirrt, der weiter verlinkt, angestupst oder vollgespammt werden kann. Es gibt kein Entkommen.

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