Raum für das Besondere – Der Wert von Sammlerausgaben

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Sucht man auf Amazon nach „Collector’s Editions“ bekannter Videospiele oder Filmfranchises, so stößt man schnell auf opulente Boxen, die neben dem Standardprodukt auch exklusive Merchandise-Artikel enthalten. Diese reichen von einfachen Buttons bis zu hochwertigen Statuetten und Büsten wichtiger Szenen oder Charaktere. Trotz Preisen von zum Teil hunderter Euro verkaufen sich diese Sammlerobjekte immer wieder gut. Doch wie sieht es in der Welt der Bücher aus? Lohnt es sich für Verlage, die Mühen für Sonderausgaben ihrer Bücher auf sich zu nehmen?


Viele Entscheidungen für die Verlage

Obwohl Bücher mit solchen extravaganten Zusatzprodukten nicht auf dem Markt vorzufinden sind, da die Gefahr bestünde, dass der Buchcharakter und somit die Preisbindung verloren gehen könnten, gibt es in der Tat Titel, deren Printausgabe mit einer beeindruckenden Ausstattung aufwarten kann. Wichtiger ist hier eher die physische Gestalt des Produktes. Es stellt sich die Frage nach der Art des Einbandes (Welches Material? Veredelt oder nicht?), der Einbindung von Illustrationen, dem Verwenden von Schutzumschlag und Schuber und dem Vorhandensein von Lesebändchen, um nur einige der Auswahlmöglichkeiten zu nennen.

So schön diese Sammler- oder Sonderausgaben auch sein mögen, so stellt ihre Herstellung aufgrund der besonderen Materialien und zusätzlichen Aufwendungen doch einen erheblichen Kostenpunkt dar. Ein Verlag sollte es sich zweimal überlegen, ob dieser Aufwand auch wirklich lohnend ist.

Bei der Überlegung nach der Rentabilität solcher Projekte kommt auch die Frage auf, welche Titel für eine spezielle Edition geeignet wären. Um sicher zu gehen, dass das Buch auch gekauft wird, beschränken sich Verlage auf Bestseller und Literaturklassiker. Diese sind vorher meist schon in mehreren anderen Ausgaben und Auflagen erschienen und besitzen bereits eine große Anzahl begeisterter Leser. Beispielsweise führt die Hobbit Presse, das Fantasy-Imprint des Klett-Cotta Verlages, auf ihrer Webseite aktuell acht verschiedene Ausgaben des „Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien. Diese reichen von der broschierten 20-Euro-Version bis zum limitierten Lederband für 900 Euro. Mit einem eher unbekannten, neueren Titel würde diese Produktdifferenzierung wenig Sinn machen.


Im Fokus der Sammler

Obwohl die teils enormen Preise auf den Großteil der potenziellen Käufer abschreckend wirken, finden diese Editionen immer wieder ihren Absatz. Eine große Rolle spielt dabei ihr Nutzen als Sammler- und Imageobjekt. Da Sammler und begeisterte Fans oft relativ preisunsensibel sind, können Verlage auch gern dreistellige Beträge für ein Buch verlangen. Durch eine Limitierung auf eine begrenzte Anzahl Exemplare wird zudem zusätzliche Exklusivität suggeriert und der Kaufanreiz beim Kunden steigt.

Ein großer Vorteil von besonderen Printausgaben ist zudem auch, dass sie den E-Books überlegen sind. Die hochwertige Verarbeitung und Ausstattung lässt sich bei digitalen Büchern nur sehr schwer bis gar nicht umsetzen. Höchstens Illustrationen können in beiden Medienformen bestehen, allerdings in unterschiedlicher Qualität.

Hinzu kommt der Aspekt der Präsentation. Ein in Leder gebundener Roman mit Goldschnitt im Leinenschuber hat im Regal eine viel stärkere Wirkung als ein E-Reader oder ein Tablet. Gerade dieser Umstand ist für Sammler und Bibliophile von besonderer Bedeutung.

Attraktiv sind auch Sammelbände, die Geschichten enthalten, die bisher nicht in einer bestimmten Sprache oder in dieser Konstellation zusammen veröffentlicht worden sind. Gesamtausgaben, die das ganze (bzw. komplette thematisch zusammenpassende) Werk eines Autors oder einer Autorin enthalten, sind eine spezielle und beliebte Form davon. Hat man zum Beispiel alle Sherlock Holmes Geschichten und Romane in einheitlicher und am besten noch hochwertiger Aufmachung im Regal stehen, so ist der Käufer glücklicher, als wenn er sie in unterschiedlichen Ausgaben (womöglich noch von verschiedenen Verlagen) besitzt.

Im stationären Buchhandel findet man eher wenige solcher Sonderausgaben. Das liegt daran, dass sie dann meist doch zu speziell oder zu teuer für den Standardkäufer sind und eher schlecht Produkte für einen Spontankauf darstellen. Daher bieten die Verlage oder andere Verkäufer diese Editionen vorwiegend im Internet an. Beispiele dafür sind die bereits erwähnte Hobbit Presse, der Schriftsteller Brandon Sanderson auf seiner eigenen Webseite oder der britische Verlag „The Folio Society“. Letzterer verkauft hochwertige Ausgaben verschiedenster Kinderbuch-, Belletristik- und Sachbuchtitel.

Trotz stetig neuer digitaler Trends werden besondere Ausgaben bekannter Bücher und Geschichten auch zukünftig ein lohnendes Geschäft für Verlage sein – zumindest für die, die das Risiko und die Kosten in Kauf nehmen. Denn ganz ohne geht es in dieser Branche nicht.

Artikel von: Hannes Martin

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