Zukunftsvisionär Neal Stephenson entwickelt mit E-Publishing-Plattform interaktiven Roman

16.12.2010, 16:00, http://www.flickr.com/photos/foxgrrl/3957853322/, CC License by foxgrrl/Julia
Hat Visionen: Kultautor Neal Stephenson, www.flickr.com (cc by foxgrrl/Julia)

Kultautor Neal Stephenson schreibt am Roman der Zukunft – ein interaktives Buch werden, an dem Autoren und Leser die  Handlung gemeinsam spinnen.

Stephenson gründete für sein neuestes Projekt die E-Publishing-Plattform Subutai. Doch diese ist viel mehr als nur eine Plattform zum Schreiben eines Fortsetzungsromans. Hier vereinen sich Roman, Wikis, Computerspiel, TV-Serie und Smartphone-App zu einer fiktiven Welt, die der Leser selbst mitgestalten kann und über die er sich mit Gleichgesinnten austauschen kann. Das Modell funktioniert wie folgt: ein Autorenteam entwickelt gemeinsam eine Handlung . Die inhaltliche und chronologische Abstimmung der Handlungsstränge wird vom Produzenten geprüft. Die Leser wiederum helfen den Autoren durch Feedback die Handlung weiterzuspinnen.
Das Geschäftsmodell beruht somit auf mehreren Erfolgsfaktoren. Die Zusammenarbeit von Lesern und Autoren verspricht eine starke Leserbindung, da die Leser selbst interagieren können.  Außerdem werden unterschiedliche Medienformate verbunden. Diese zielgruppengerechte Ansprache über mehrere Kanäle optimiert gleichzeitig den Nutzwert für den Kunden. Der erste interaktive Roman heißt The Mongoliad. Jede Woche wird ein Kapitel veröffentlicht. The Mongoliad kann als iPhone- und iPad-App abonniert werden und bald soll der Roman auch für Kindle und Android-Geräte verfügbar sein. Außerdem können sich die Nutzer durch ein Diskussionsforum über Schauplätze, Charaktere und Kampfszenen austauschen. Ein zusätzlicher Anreiz: je nach Engagement steigt man in der Hierarchie auf. Weiterhin können Abonnenten eigene Grafiken von Schauplätzen hochladen und Kommentare abgeben. Aufbauend darauf ergänzt Subutai dann Wörterbücher, Landkarten, Spiele und Videos. Das ist ein Vorteil einer Plattform gegenüber dem gedruckten Buch. Man erhält durch Zusatzmaterial keine dicke Wälzer mit langen Anhängen.
Zukünftig soll noch ein weit größeres fiktives Universum namens „Foreworld“ entstehen, welches Geschichten von der Antike bis in die Neuzeit umfassen soll.Was kann das für Verlage bedeuten?

So viel versprechend wie sich das ehrgeizige Projekt anhört, hat es aber auch Nachteile. Das Autorenteam muss die Handlungsstränge chronologisch ordnen, damit ein Spannungsbogen entsteht. Dies kann ein langwieriger Prozess sein. Oftmals wissen die Leser besser Bescheid als die Autoren. Doch Stephenson ist sehr zuversichtlich: „Wenn das Modell funktioniert (…), dann kann es ein interessantes Modell für die Zukunft des Verlagswesens sein“.  Denn es finanziert sich neben den Abonnements durch Software-Lizenzen. So entsteht Foreworld auf dem Tool „Pulp“ (= Personal Ubiquitous Literature Platform), welches Interessenten zum Aufbau eigener fiktiver Welten zur Verfügung stehen soll. Gegen Lizenzgebühren und eine Umsatzbeteiligung kümmert sich Subutai dann z.B. um das Content-Management. Diese Vermarktung und Weitergabe des eigenen Konzeptes bietet Vorteile gegenüber traditionellen Verlagen.  Ein weiteres Plus ist die große Fangemeinde, denn Community Building ist auch für Verlage äußerst wichtig, wenn sie sich in Zukunft wettbewerbsfähig sein wollen.

Was ist nun also die Zukunft: interaktiv in der Gemeinschaft oder doch lieber allein schreiben?
Dem Autor ist das interaktive Schreiben zumindest noch fremd. Stephenson schreibt noch immer auf Papier und sieht das gedruckte Produkt weiterhin als finalen Abschluss seiner Arbeit an. Er möchte dieses Projekt zwar als soziale Erfahrung in der Gemeinschaft machen, doch am Ende soll The Mongoliad als gedrucktes Buch erscheinen.
Dieses zukunftsweisende Projekt könnte vor allem für Belletristik-Verlage eine interessante Option sein, doch wird es auch in Zukunft noch Romane geben, die von einem einzigen Autor geschrieben sind und in gedruckter Form erscheinen. Schließlich hat man seinen Stolz als Autor. Um es abschließend mit den Worten von Neal Stephenson zu sagen: „Ich werde normale Bücher schreiben, bis ich tot umfalle.“ – Schön zu wissen.

mehr Informationen
[www.heise.de/tr | Autor: Steffan Heuer | 16.12.10 | 15:00]
[www.mongoliad.com | 17.12.10 | 14:00]
[www.subutai.mn | Autor: Subutai Corporation | 17.12.10 | 14:10]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert